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1. Quellensätze zu den staatlichen Zuständen - S. 344

1904 - Cöthen : Schulze
— 344 — und Schule. 138a- (1520. In der Schrift: „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" heißt es u. a.:) Die Universitäten borsten auch wohl einer guten starken Reformation- . . . (Auf denselben) wird wenig der heiligen Schrift und christlicher Glaub gelehret, und allein der blind heidnische Meister Aristoteles regiert, auch weiter denn Christus? ... Für allen Dingen sollt in den hohen und niedern Schulen die furnehmst und gemeinist Lection sein die H. Schrift, und den jungen Knaben das Evangelium. Und wollt Gott, ein iglich Stadt hätt auch ein Maidschulen, darinnen des Tags die Maidlin ein Stund das Evangelium horeten, es wäre zu Deutsch oder Latiuisch. Luthers Werke, Erlanger Ausg. Bd. 21, S. 344 u. 349. 138b. (1524. Luther schreibt „An die Rathsherren aller Städte deutsches Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen":) Fürsten und Herrn solltens thun; aber sie haben auf dem Schlitten zu fahren, zu trinken und in der Mummerei zu laufen, und sind beladen mit hohen merklichen Geschäften des Kellers, der Küchen und der Kammer. Und obs etliche gern thäten, müssen sie die andern scheuen, daß sie nicht für Narren oder Ketzer gehalten werden. Darumb wills euch, lieben Rathherrn, alleine in der Hand bleiben: ihr habt auch Raum und Fug dazu, besser denn Fürsten und Herren. Ebenda, Bd. 22, S. 190. 139. (1530. Aus Luthers „Predigt, daß man Kinder zur Schule halten solle":) Ich halte aber, daß auch die Oberkeit hie schuldig sei, die Unterthanen zu zwingen, ihre Kinder zur Schulen zu halten .... Denn sie ist wahrlich schuldig, die obgesagten Aemter und Stände zu erhalten, daß Prediger, Juristen, Pfarr-herrn, Schreiber, Aerzte, Schulmeister und dergleichen bleiben, denn man kann der' nicht empehren. Kann sie die Unterthanen zwingen, so da tüchtig dazu sind, daß sie müssen Spieß und Büchsen tragen, auf die Mauern laufen, und anderes thun, wenn man kriegen soll: wie vielmehr kann und soll sie hier die Unterthan zwingen, daß sie ihre Kinder zur Schule halten, weil hier wohl ein ärgerer Krieg vorhanden ist mit dem leidigen Teufel, der damit umgehet, daß er Städte und Fürstenthum will so heimlich aussaugen, und von tüchtigen Personen leer machen . . . Ebenda Bd. 17, S. 420 f.

2. Quellensätze zu den staatlichen Zuständen - S. 258

1904 - Cöthen : Schulze
— 258 — mit dem böhmischen Wappen. Die herabwürdigenden Ceremonieen, nach welchen der Kaiser alle Augenblicke vom Stuhl herab und hinauf, hinauf und herab sich ankleiden und auskleiden, einschmieren und wieder abwischen lassen, sich vor den Bischofsmützen mit Händen und Füßen ausgestreckt auf die Erde werfen und liegen bleiben mußte, waren in der Hauptsache ganz dieselben, womit der gemeinste Mönch in jedem Bettelkloster eingekleidet wird. Am possirlichsten war es, als eine Bischofsmütze im lieblichsten Nasentone und lateinisch zur Orgel hinauf intonirte, ob sie da oben nun wirklich .. Herrn Leopold zu ihrem Könige haben wollten, worauf der bejahende Chorregent gewaltig mit dem Kopfe schüttelte, feinen Fidelbogen greulich aus und nieder schwenkte, die Chorjungfern und Singknaben aber im höchsten Discant herunter riesen: fiati fiat! fiat! (ja! ja! ja!). So wie also von Seiten dieser kleinen Herrschaft nichts mehr entgegen zu stehen schien, ging’s nun mit der Krone eilends ans das kaiserliche Haupt, vom Empor aber mit Heerpauken und Trompeten donnernd herab: Haderipump! Haderipump! Pump! Pump! . . . Nachdem nun dem Kaiser auf einem kahlen Throne, der aussah wie eine Hennensteige, von den Bischöfen die Glückwünsche und Huldigungen unter allen möglichen Arten von Knie- und Buckelbeugungen abgestattet und durch die bis unter seine Nase geschwungenen Rauchfässer ein Wolkenhimmel um ihn her gebildet war, wurden die Candidaten zum Ritterschlag . . . aufgerufen . . . Von der Kirche aus nahm der Kaiser mit seinem abgeschabten Mantel in langer, aber etwas eilig drängender, daher auch krummer und verwirrter Procession seinen Zug aus das Rathhaus zurück. Er ging in seinen alten Kaiser-pantoffeln über gelegte Bretter, die man mit rothem Tuche bedeckte, welches aber die gemeinen Leute auf dem Boden knieend und mit Messern in den Händen hart hinter feinen Fersen herunterschnitten, und zum Theil so gewaltsam in Fetzen herunterrissen, daß sie den vorn lausenden Kaiser beinahe damit niederwarfen. (Nun wird beschrieben, wie der Erbtruchseß seines Amtes waltete.) Nichts konnte ein treueres Bild der eiskalten erstarrten und kindisch gewordenen alten deutschen Reichsverfassung geben, als das Fastnachtsspiel einer solchen in ihren zerrissenen Fetzen prangenden Kaiserkrönung. Die folgenden Tage, wo man die sibyllinischen Bücher der goldenen Bulle nicht weiter zu befragen nöthig hatte, befriedigten die Schaulust mit leidlichem Festen einer öffentlichen

3. Quellensätze zu den staatlichen Zuständen - S. 260

1904 - Cöthen : Schulze
— 260 — Ertz-Bischöfflichen Diöcesi, sondern auch durchgehends im gantzen H. Reich Teutscher Nation, ohne Unterscheid, Krafft . . Güldenen Bull, zueignen; Hergegen aber Seine Churs. Gnaden zu Maintz . . . die Stadt Aachen, zwar . . . Cölln gestehen, Jhro doch, und dero Nachkommenden am Ertz-Stifft Maintz, alle übrige Orte des H. Reichs, Teutscher Nation, Krafft . . . alten Herkommens . . . Besitzung zuschreiben wolte . . . (Man einigt sich u. a. dahin:) . . 2) Daß beeden Ihren Churs. Gn. und Durchl. zu Maintz, und Cölln, die Würde, und das Amt, zu krönen, in ihren Ertz-Bistümen . . ., jedem in seinem Ertz-Bistum, und seinen Bezirck . . . zukommen solle. 3) Da aber ausserhalb diesen beeden obgedachten Ertz-Bistumen, Maintz und Cölln, die Krönung in einigen deren unterhabenden Bey-Bistümern, oder in andern, ausser der Ertz-Bischöffl. Maintz- und Cöllnischen Landschafft, gelegenen Ertz- und Bistümen geschehen würde, alsdann soll dieselbe umwechselicht, von beeden Herren Churfürsten . . . verrichtet . . werden. Vitr. 111. I, S. 892. 29. (1764.) (Goethe erzählt von der Krönung Josephs Ii.:) Am andern Ende des Saals . . saßen auf Thronstufen erhöht, unter Baldachinen, Kaiser und König in ihren Ornaten . . Die drei geistlichen Churfürsten hatten, ihre Büffete hinter sich, auf einzelnen Estraden Platz genommen . . Dieser obere Theil des Saals war würdig und erfreulich anzusehen und erregte die Bemerkung, daß die Geistlichkeit sich so lange als möglich mit dem Herrscher halten mag. Dagegen ließen die zwar prächtig aufgeputzten, aber herrenleeren Büffete und Tische der sämmtlichen weltlichen Churfürsten an das Mißverhältniß denken, welches zwischen ihnen und dem Reichsoberhaupt durch Jahrhunderte allmählig entstanden war. Die Gesandten derselben hatten sich schon entfernt, um in einem Seitenzimmer zu speisen; und wenn dadurch der größte Theil des Saales ein gespensterhastes Ansehn bekam, daß so viele unsichtbare Gäste auf das Prächtigste bedient wurden, so war eine große unbesetzte Tafel in der Mitte noch betrübter anzusehen: denn hier standen auch so viele Couverte leer, weil alle die, welche ebenfalls ein Recht hatten, sich daran zu setzen, Anstands halber, um an dem größten Ehrentage ihrer Ehre nichts zu vergeben, ausblieben, wenn sie sich auch dermalen in der Stadt besanden. Goethe, Aus meinem Leben, Th. I, Buch V.

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 498

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
498 20. Slsmus Jacob Carstens, der Maler. Asmus Carstens wurde im Jahre 1754 am 10. Mai zu Sanct Jürgen, einem kleinen Dorfe nahe bei Schleswig, wo sein Vater Müller war, geboren. Seine Mutter war die Tochter eines Advocaten in Schleswig und hatte in ihrer Jugend eine vorzügliche Erziehung erhalten, welche sie in den Stand setzte, ihre Kinder besser zu erziehen, als sonst unter den Dorfbewohnern damaliger Zeit zu geschehen pflegte. Asmus ging bis in sein neuntes Jahr, wo sein Vater starb, in die Schule seines Heimatdorfes und wurde dann von seiner sorgsamen Mutter in die Domschule des nahen Schleswig geschickt. Mittags sollte er bei einem Ver- wandten in der Stadt speisen, aber das gefiel ihm nicht, und er bat seine Mutter, ihm täglich sein Mittagsessen, Butterbrot und Obst, mitzugeben, welches er dann meistens in der nahen ofienen Domkirche verzehrte. Bald ward der Dom wäh- rend seiner freien Mittagsstunden sein Lieblingsaufenthalt. Hier sah er schöne Gemälde von dem Maler Jurian Ovens aus Tönning, die ihn bald so fesselten, daß er, während seine Kameraden auf dem Kirchhofe spielten, mit seinem Butter- brot in den Dom schlich und über Stühle und Bänke hinwegkletterte, um die wundersamen Gemälde in der Nähe zu schauen. Da vergaß er denn alles um sich her; ein heißer Wunsch, auch einmal so etwas machen zu können, erfüllte ihn, und oft betete er mit inniger Sehnsucht, Gott möge ihm die Gnade verleihen, daß er auch einst zu seiner Ehre so herrliche Bilder malen könne. So erwachte in ihm zuerst der Hang zur Kunst und er begann, alle Gegenstände, die ihm vor- kamen , am liebsten aber Gesichter zu zeichnen. Alle Leute, die ihm nahe kamen, mußten ihm sitzen, und meistens gelangen seine Nachahmungen so kenntlich, daß er bald unter den Leuten im Dorfe, die dergleichen niemals gesehen hatten, ein großes Aufsehen mit seiner Kunst erregte. In der Schule aber stand es dafür desto schlechter mit seinem Ruhme. Sein Geist war gewöhnlich abwesend entweder im Dom bei Jurian Oven's Gemälden oder zu Hause bei seinen Farbenmuscheln. Er lernte nie rechnen, und der Rechen- meister fand öfter Gesichter und Figuren, als Zahlen auf seiner Tafel. Er wußte unter den Lernenden immer am wenigsten, und weder Scheltworte noch Drohungen vermochten ihn aus seiner anscheinenden Geistesträgheit aufzurütteln, so daß die Lehrer ihn für einen erzdummen Jungen hielten. So verließ Carstens mit 16 Jah- ren die Schule so unwissend, daß er in der Folge wenig oder nichts von dem dort Gelernten zu vergessen hatte. Seine Rückkehr in's elterliche Haus war von dem festen Entschlüsse begleitet ein Maler zu werden, und seine treffliche Mutter willigte gern in sein Verlangen und wollte ihn bei einem berühmten Maler Tischbein aus Kassel ausbilden lassen. Dieser aber verlangte, daß er während der ersten Jahre zugleich die Stelle eines Bedienten vertreten und hinter der Kutsche stehen solle, wenn er ausfahre. Das wollte Asmus nicht, und deshalb zerschlugen sich die Unterhandlungen. Ehe aber seine Mutter einen andern Lehrer gefunden hatte, starb sie und ließ ihre Kinder als Waisen zurück. Die Mühle ward verkauft, und den Kindern, die das väter- liche Haus verlassen mußten, wurden Vormünder gesetzt. Diese wollten nun nicht zugeben, daß ihr Mündel sich einer nach ihrer Meinung so brotlosen und unnützen

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 8

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
8 einiger Zeit ging die arme Frau wieder in den Wald, und als sie mit ihrer Bürde Holz auf dem Rückwege wieder an die Stelle kam, wo das kranke Kätzchen gelegen hatte, da stand eine ganz vornehme Dame dort, winkte die arme Frau zu sich und warf ihr fünf Stricknadeln in die Schürze. Die Frau wuszte nicht recht, was sie denken sollte, und es dünkte diese abson- derliche Gabe ihr gar gering; doch nahm sie die Stricknadeln, zeigte sie ihren Kindern und legte sie des Abends auf den Tisch. Aber als die Frau am andern Morgen ihr Lager verliesz, siehe, da lagen ein Paar neue, fertig gestrickte Strümpfe auf dem Tische. Das wunderte die alte Frau über alle Maszen, und am nächsten Abend legte sie die Nadeln wieder auf den Tisch, und am Morgen darauf lagen neue Strümpfe da. Jetzt merkte sie, dasz zum Lohne ihres Mitleids mit dem kranken Kätzchen ihr diese Nadeln beschert waren, und liesz dieselben nun jede Nacht stricken, bis sie und die Kinder Strümpfe genug hatten. Dann verkaufte sie auch Strümpfe und hatte genug bis an ihr seliges Ende. 13. Drei Räthsel. 1. Oben spitz und unten breit, 2. Fünf Finger und doch keine Hand, durch und durch voll Süszigkeit, ein Schuh, doch ohne Sohle, weisz am Leibe, blau am Kleide, bald kreideweisz wie eine Wand, kleiner Kinder grosze Freude. bald schwarz wie eine Kohle. 3. Es saszen vierzehn Spatzen auf meines Nachbars Dach; der Jäger schosz darnach. Da fielen sieben Spatzen. Nun sag’, — soll ich dich loben, — wie viel noch sitzen droben? 14. Der treue Hund. Ein Kaufmann hatte einen Hund, der sehr wachsam und treu war. Einst ritt der Kaufmann von einem Markte, wo er viel Geld eingenommen hatte, nach Hause. Er hatte sein Geld in einem Man- telsacke hinter sich auf das Pferd geschnallt, und sein Hund lief neben ihm her. Nach und nach wurden die Riemen locker, mit denen der

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 54

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
54 3, Hänschen hat noch viel begonnen, brachte nichts zu Ende; drüber ist die Zeit verronnen, schwach sind seine Hände. Hänschen ist nun Hans geworden, und er sitzt voll Sorgen, Ach, nun glaub' ich selbst daran, daß aus mir nichts werden kann!" hungert, bettelt, weint und klaget abends und am Morgen! „Ach, warum nicht war ich Dummer in der Jugend fleißig? Was ich immer auch beginne — dummer Hans nur heiß' ich. 102. Jungfer Margareth. 1. Das war bte träge Margareth, die wollte die Hand nicht regen; da mußte die alte Mutter allein wischen, waschen und fegen. 2. Das war die eitle Margareth, die putzte sich schon am Morgen; da mußte die alte Mutter allein Keller und Küche besorgen. 3. Das war die sch öne Margareth, die that den Burschen gefallen; sie tanzten und kosten gern mit ihr, doch nahm sie keiner von allen. 4. Das war die verlaßne Margareth, es kamen und gingen die Jahre, vorbei war Putz und Spiel und Tanz, die Mutter lag auf der Bahre. 5. Das ist die hungrige Margareth, sie mag die Hand nicht rühren; dort kommt sie mit dem Bettelsack und bettelt vor den Thüren. 103. Treue Freundschaft. Einst trafen auf ihrer Wanderschaft zwei Handwerksburschen zusammen; der eine war ein Schmidt, der andere ein Schneider. Sie reiseten mehrere Wochen miteinander, bis sie endlich nach Polen kamen. Während dieser Zeit hatten sie sich genauer kennen ge- lernt, einander ihr Herkommen und ihre Lebensgeschichte erzählt und endlich Brüderschaft mit einander gemacht. Sie theilten ge- wöhnlich, was sie von Lebensmitteln hatten, unter sich und halfen sich gegenseitig in allem brüderlich aus. Es fügte sich, dasz der Schmidt in Polen krank wurde und in einem fremden Dorfe unter fremden Leuten, die nicht einmal deutsch verstanden, liegen bleiben muszte. Hier wäre er übel daran gewesen, wenn er seinen Ka- meraden nicht bei sich gehabt hätte; denn er hatte kein Geld, und sein Felleisen war mit allem, was sich darin befand, kaum einige Thaler werth. Dies wurde nun freilich verkauft; aber das daraus gelöste Geld war bald verzehrt, und noch sah man keine Besserung. Nun bewies sich der Schneidergeselle recht brüderlich gegen ihn und verliesz ihn nicht in seiner Noth. „Hier in diesem fremden Lande bin ich ihm ja der Nächste !“ dachte er bei sich selbst, und

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 56

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
56 die Augen weit auf. „Lene“, sprach er zu seiner Frau, „geschwind springe hinauf und hole ein feines Hemd und meinen Sonntagsstaat herunter, dasz der gute Freund da sich umkleiden kann! “ Der Schneider wollte allerlei dagegen einwenden, aber der Meister hielt ihm den Mund zu und sagte : „‘Schweig’ und sprich mir kein Wort dagegen ! Du hast’s wohl um mich verdient, dasz ich mein bischen Hab’ und Gut mit dir theile.“ Es half nichts: der Schneider muszte sich putzen und aus einer langen Pfeife rauchen. Der Meister gebot ihm, sich gerade so zu pflegen, als ob er in seinem eigenen Hause wäre, und nachdem er in möglichster Eile sein Tagewerk vollends geendet hatte, setzte er sich mit ihm zu Tische und liesz alle seine Leute herein kommen, dasz sie den Fremden nun recht genau besehen muszten. Dabei erzählte er ihnen denn, wer der Fremde eigentlich sei, und was es mit ihrer beiderseitigen Freundschaft für eine Bewandtnisz habe. Da hatten alle eine herzliche Freude über den Ankömmling, besonders aber die Frau vom Hause, die ihren Mann sehr liebte und oft dem guten Schneiderburschen, der in Polen eine so treue Stütze für ihren Mann gewesen war, ehe sie ihn persönlich kannte, Gottes Segen gewünscht hatte. Der Meister liesz noch am nämlichen Abend zwei fette Gänse schlachten und auf den folgenden Tag alle Freunde und Gevattern des Dorfes zu sich zu Gaste laden. „Juchhei! das soll mir ein Freudentag werden !“ rief er laut auf — und schwang dabei seine Mütze vor Freuden. Der Sonntag kam, und in der Schmiede ging’s so fröhlich her, als wenn es Kindtaufe gewesen wäre. Nachdem die Mahlzeit geendigt war, erzählte der Schmidt alle seine Erlebnisse und besonders, was er seinem Kameraden für einen Liebesdienst zu verdanken habe. Der Schneider muszte dann seine Erlebnisse auch erzählen, und die Gäste gewannen ihn so lieb, dasz sie durchaus darauf bestanden, er solle sich in diesem Dorfe häuslich niederlassen und ihr Schneider werden. Der Schmidt jauchzte darüber laut und versprach, ihn mit Geld zu unterstützen, so viel er könne. Er hielt auch Wort; der Schneider fand sein reichliches Brot im Dorfe, verheirathete sich mit einer guten Wirthin und lebte froh und glücklich. 104. Ehrlichkeit und Dankbarkeit eines Juden. Ein Jude, Namens Isaak ernährte sich lange Zeit vom Handel mit alten Kleidern, wobei er oft kaum das tägliche Brot verdiente. Doch dankte er seinem Gott, daß er ihm wenigstens dieses gab, und war in seiner Dürftigkeit zufrieden. Aber nun starben ihm schnell hinter einander zwei Kinder, und er mußte, um sie begraben zu lassen, fast alle seine Habseligkeitcn verkaufen. Zudem wurde seine Frau krank, mit der er zwanzig Jahre in Frieden gelebt hatte, und da er sie selbst Pflegen mußte, so konnte er seinen kleinen Handel

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 61

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
61 109. Dornröschen. (Märchen.) Vor Zeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: „Ach, wenn wir doch ein Kind hätten!" und krigten immer keins. Endlich aber bekamen sie ein so schönes Mädchen, daß der König vor Freude sich nicht zu lassen wußte und ein großes Fest anstellte. Er lud nicht bloß seine Verwandten, Freunde und Bekannten, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kinde hold und gewogen würden. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche; weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, konnte er eine nicht einladen. Die geladen waren, kamen, und nachdem das Fest gehalten war, beschenkten sie das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichthum, und so mit allem, was Herrliches auf der Welt ist. Als elf ihre Wünsche eben gethan hatten, kam die dreizehnte herein, die nicht eingeladen war und sich dafür rächen wollte. Sic rief: „Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahre an einer Spindel stechen und todt hinfallen." Da trat die zwölfte hervor, die noch einen Wunsch übrig hatte; zwar konnte sie den bösen Ausspruch nicht aufheben, aber sie konnte ihn doch mildern und sprach: „Es soll aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger, tiefer Schlaf, in den die Königstochter fällt." Der König hoffte, sein liebes Kind noch vor dem Ausspruch zu be- wahren, und ließ den Befehl ausgehen, daß alle Spindeln im ganzen König- reich sollten abgeschafft werden. An dem Mädchen aber wurden alle Gaben der weisen Frauen erfüllt, denn cs war so schön, sittsam, freundlich und verständig, daß es jedermann, der es ansah, lieb haben mußte. Es ge- schah, daß an dem Tage, wo es gerade fünfzehn Jahre alt war, der König und die Königin nicht zu Haus waren und das Fräulein ganz allein im Schlosse zurück blieb. Da ging es aller Orten herum, besah Stuben und Kammern, wie cs Lust hatte, und kam endlich auch an einen alten Thurm. Es stieg eine enge Treppe hinauf und gelangte zu einer kleinen Thür. In dem Schlosse steckte ein gelber Schlüssel, und als sie umdrehte, sprang die Thür auf und saß da in einem kleinen Stübchen eine alte Frau und spann emsig ihren Flachs. „Ei, du altes Mütterchen", sprach die Königstochter, „was machst du da?" „Ich spinne", sagte die Alte und nickte mit dem Kopfe. „Wie das Ding herumspringt!" sprach das Fräulein und nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte sie die Spindel an- gerührt, so ging die Verwünschung des Zauberweibes in Erfüllung, und sie stach sich damit. In dem Augenblicke aber, wo sie sich gestochen hatte, fiel sie auch nieder in einen tiefen Schlaf. Und der König und die Königin, die eben zurückgekommen waren, fingen an mit dem ganzen Hofstaat einzuschlafen. Da schliefen die Pferde im Stalle ein, die Hunde im Hofe, die Tauben auf dem Dache, die Fliegen an der Wand, ja, das Feuer, das aus dem Herde

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 64

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
64 will mich für mein Geld nicht gesund machen?" — Endlich hörte er von einem Arzte, der hundert Stunden weit von Amsterdam wohnte, aber so geschickt wäre, daß die Kranken gesund würden, wenn er sie nur recht an- blicke; und der Tod ginge ihm aus dem Wege, wo er sich sehen ließe. Zu diesem faßte der Kranke Zutrauen und schrieb ihm seinen Umstand. Der Arzt merkte bald, was ihm fehle, und sagte: „Warte, dich will ich bald geheilt haben!" Deshalb schrieb er ihm ein Briefchen folgenden Inhalts: „Guter Herr! Ihr habt einen schlimmen Umstand an Euch; doch wird Euch noch zu helfen sein, wenn Ihr folgen wollt. Ihr habt ein böses Thier im Bauche, einen Lindwurm mit sieben Mäulern; mit diesem muß ich selber reden, und Ihr müßt zu mir kommen. Aber Ihr dürft nicht fahren noch reiten, sondern müßt auf des Schusters Rappen zu mir kom- men; sonst schüttelt Ihr den Lindwurm, und er beißt Euch die Eingeweide ab, sieben Därme auf einmal ganz entzwei. Sodann dürft Ihr nicht mehr essen, als zweimal des Tags einen Teller voll Gemüse, mittags ein Brat- würstchen dazu und abends ein Ei, und am Morgen ein Fleischsüppchen mit Schnittlauch daraus. Was Ihr mehr esset, davon wird der Lindwurm nur größer, also daß er Euch die Leber erdrückt; der Schneider wird Euch dann nicht viel mehr anzumessen haben, wohl aber der Schreiner. Dies ist mein Rath, und wenn Ihr diesem nicht folgt, so hört Ihr im andern Frühjahr den Kuckuk nicht mehr rufen. Thut übrigens, was Ihr wollt." — Gleich nach Empfang dieses Briefs ließ sich der Kranke die Stiefel wichsen, machte sich den andern Morgen auf den Weg und that alles so, wie cs ihm der fremde Doctor befohlen hatte. Den ersten Tag ging er so langsam, daß wohl eine Schnecke sein Vorreiter hätte sein können, und wer ihn grüßte, dem dankte er nicht, und wo ein Würmchen auf der Erde kroch, das zertrat er. Aber schon am zweiten und am dritten Morgen kam es ihm vor, als wenn die Vögel früher gar nicht so lieblich gesungen hätten, wie heute; und der Thau schien ihm so frisch und die Kornblumen im Felde so blau, und alle Leute, welche ihm begegneten, sahen so freundlich aus, und er auch; und alle Morgen, wenn er sein Nachtquartier verließ, war die Welt schöner, und er ging leichter und munterer dahin. Und als er am achtzehnten Tage nach seiner Abreise in der Stadt ankam, wo der Arzt wohnte, und den andern Morgen aufstand, war es ihm so wohl, daß er sagte: „Ich hätte zu keiner ungelegenern Zeit können gesund wer- den, als jetzt, wo ich zum Doctor soll. Wenn's mir doch nur ein wenig in den Ohren brauste, oder der Magen mich drückte!" Als er zum Arzte kam, nahm der ihn bei der Hand und sagte: „Jetzt erzählt mir denn noch einmal von vorn an, was Euch fehlt." Da sagte er: „Herr Doctor, mir fehlt Gottlob nichts, und wenn Ihr so gesund seid, wie ich, so soll mich's freuen." Der Arzt sagte: „Das hat Euch ein guter Geist gerathen, daß Ihr meinen Rath befolgtet. Der Lindwurm ist jetzt abgestanden. Aber Ihr habt noch Eier von ihm im Leibe; daher müßt Ihr wieder zu Fuß heimgehen und daheim Holz sägen und nicht mehr essen, als Ihr Hunger habt, damit die Eier nicht ausschlüpfen; dann könnt Ihr ein alter Mann

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 37

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
37 dich besser hören kann." — „Ei Großmutter, was hast du für große Augkn !" — „Daß ich dich besser sehen kann." — „Ei Großmutter, was hast du für große Hände!" — „Daß ich dich besser packen kann!" — „Aber Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!" — „Daß ich dich besser fressen kann !" Und wie der Wolf das gesagt hatte, sprang er aus dem Bette und auf das arme Rothkäppchen und verschlang es. Wie der Wolf den fetten Bissen im Leibe hatte, legte er sich wieder in's Bett, schlief ein und fing an überlaut zu schnarchen. Der Jäger ging eben vorbei und dachte bei sich: „Wie kann die alte Frau so schnar- 4^ chen? du mußt einmal nachsehen, ob ihr etwas fehlt." Da trat er in die Stube, und wie er vor's Bett kam, so lag der Wolf darin, den er lange gesucht hatte. Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein : „Viel- leicht hat er die Großmutter gefressen, und ich kann sie noch erretten", und schoß nicht, sondern nahm eine Schere und schnitt dem schlafenden Wolf den Bauch auf. Wie er ein paar Schnitte gethan, da sah er das rotbe Käppchen leuchten, und wie er noch ein wenig geschnitten, da sprang das Mädchen heraus und rief: „Ach, wie war ich erschrocken! was war's so dunkel in dem Leibe des Wolfes!" und dann kam die Großmutter auch lebendig heraus. Rothkäppchen hatte aber große schwere Steine, damit füllte sie dem Wolf den Leib, und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber die Steine waren so schwer, daß er gleich niedersank und sich todt fiel. Da waren alle drei vergnügt, der Jäger nahm den Pelz vom Wolf, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein, den Rothkäppchen gebracht hatte, und Rothkäppchen dachte bei sich: „Du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom Weg ab in den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat." 68. Der Sandmann. 1. Zwei seine Stieflein hab' ich an, mit wunderweichen Söhlchen dran, ein Säcklein hab' ich hinten auf, husch! trippl' ich rasch die Trepp' hinauf. 2. Und wenn ich in die Stube tret', die Kinder beten das Abendgebet, von meinem Sand zwei Körnelein streu' ich auf ihre Aeugelein. 3. Da schlafen sie die ganze Nacht in Gottes und der Englein Wacht. Von meinem Sand zwei Körnelein streut' ich auf ihre Aeugelein. 4. Den frommen Kindern soll gar schön ein froher Traum vorübergehn. Nun frisch und rasch mit Sack und Stab nur wieder jetzt die Trepp' hinab! 5. Ich kann nicht länger müssig stehn, ich muß noch heut' zu vielen gehn. Nun seht, mein Säcklein öffnet' ich kaum, da nickt ihr schon und lächelt im Traum.
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